Der bedeutende österreichische Geigenbauer Jakob Stainer (um 1619 – 1683) entstammte einer Bergknappenfamilie zu Absam bei Hall in Tirol. Über seine Ausbildung ist nichts bekannt, aufgrund von Stilvergleichen und Stainers Italienischkenntnissen nimmt die Forschung Cremona oder Venedig als Ort seiner Lehre an. Für das Jahr 1644 ist seine Tätigkeit als Geigenbauer mit einer Instrumentenlieferung an die Hofkapelle des Salzburger Fürsterzbischofs erstmals belegt.
Gute Beziehungen unterhielt Stainer zum Innsbrucker Hof der Habsburger, für den er wiederholt Instrumente anfertigen und reparieren durfte – auch für die dort auftretenden Konzertvirtuosen. So hat Stainer das zu London angefertigte, überaus kostbare Instrument des Konzertgambisten William Young nachzubauen versucht, wenn er 1678 in einem Brief schreibt: „Ich habe den form und manier von des Engellenders Violen.“
Mit dem kurfürstlichen Hof in München stand Stainer ebenfalls in guter Geschäftsverbindung: 1645 ist der Bau einer „baßviola“ belegt, 1655 die Anfertigung einer besonders kunstvollen, „mit helfenpain und ebenholz“ gezierten Violine.
Verheiratet war Stainer seit 1645 mit der Haller Bergmeisterstochter Margareta Holzhammer (1624 – 1689), die ihm mehrere Kinder gebar; seine Nachkommenschaft erlosch jedoch bereits in der zweiten Generation. Mit seiner Familie bewohnte Stainer ein durch Tausch und Aufzahlung erworbenes Haus im Absamer Oberdorf, in dem er sich im Zuge des Umbaus eine Werkstätte einrichtete.
1658 stellte ihm Erzherzog Ferdinand Karl von Österreich-Tirol einen Dienstbrief aus, mit dem der Titel „erzfürstlicher Diener“ verbunden war, der 1669 von Kaiser Leopold I. erneuert wurde. In seinem Wappensiegel führte Stainer einen geigenhaltenden Steinbock.
Jakob Stainer war trotz vieler Aufträge wiederholt und über langen Zeitraum verschuldet, 1659 ließ er sich in einen „rumor und raufhandel“ verwickeln. 1668 begann für Stainer ein langer und gefahrvoller Konflikt mit der Katholischen Kirche wegen des Besitzes verbotener Bücher, der ihm vorübergehende Haft, Hausarrest, Schauprozess und die Exkommunikation einbrachte, von der er erst nach öffentlicher Widerrufung unter drei Geißelhieben befreit wurde.
Stainers Geschäftsbeziehungen hat der Prozess nicht geschadet: Der gefragte Geigenbauer belieferte in den folgenden Jahren zahlreiche weltliche und geistliche Höfe. Zur Instrumentenlieferung für die Musikkapelle des Fürstbischofs von Olmütz ist ein hochinteressanter Briefwechsel erhalten, der etliche Aufschlüsse über Stainers Charakterzüge und Arbeitsweise erlaubt.
Der Lebensabend des Geigenbauers war von einer mit Unterbrechungen stets wiederkehrenden Geisteskrankheit überschattet, sodass er immer seltener den Bestellungen nachkommen konnte. Stainer, der es vermieden hatte, Lehrlinge auszubilden, starb 1683 in Absam.
Text: Christoph Brandhuber, Salzburg
Jacob Stainer hat zeit seines Lebens alleine gearbeitet und sich geweigert Lehrlinge oder Gehilfen bei sich aufzunehmen. So kommt es, dass Stainer-Instrumente zeimlich rar sind (ca.350 Instrumente). Er kam nicht auf eine so grosse Opuszahl wie etwa die Stradivari- oder Amatifamilie die immer viele Mitarbeiter in ihren Werkstätten beschäftigt hatten.
Dies erklärt auch, warum Stainer seinen künstlerischen Stil kaum verändert hat. Seine ganz besondere und unverkennbare «Handschrift» hat sich in seinen Lehrjahren herausgebildet und sich später nicht mehr stark entwickelt oder geändert. Es ist anzunehmen, dass er selten in Kontakt mit anderen Geigenbauern kam. Umso mehr pflegte er Beziehungen zu Musikern seiner Zeit. Der weltberühmte Gambenvirtuose William Young wirkte über ein Jahrzehnt am Innsbrucker Hof und Stainer war ein grosser Bewunderer und in Kontakt mit ihm.
Stainer selber muss ein ausgezeichteter Geiger gewesen sein und hat auch selber Konzerte gegeben. Es gibt mehrere Überlieferungen von ihm, in denen er schreibt, wie wichtig es für einen Geigenbauer sei, selber viel von Musik zu verstehen und das Geigenspiel zu beherschen.
Die Instrumente Stainers wurden schnell berühmt und bald schon waren seine Instrumente in Klöstern und Fürstenhäusern seines näheren und bald auch weiteren Umkreises vertreten.
Darunter sind auch etliche Namen berühmter Musiker. Aus einem Briefwechsel wissen wir, dass Heinrich Ignaz Franz Biber in Kontakt mit Stainer stand und wahrscheinlich auch auf seinen Instrumenten spielte. Als Biber später nach Salzburg ging, vermittelte er von dort aus verschiedene Aufträge für seinen «Kollegen» Stainer.
Kurz nach Stainers Tod begann die Zeit der grossen italienischen Violinvirtuosen. Sie machten seine Instrumente in ganz Europa bis nach England bekannt.
Francesco Maria Veracini, schien ein richtiger «Stainer-Fan» zu sein. In seinem Nachlass von 1715 werden 26 Musikinstrumente erwähnt, darunter 10 Geigen von Stainer. Interessant ist, dass die Instrumente von Stainer darin preislich höher eingestuft waren, als die der berühmten cremoneser Meister. Seinen zwei liebsten Stainergeigen gab er die Namen Petrus und Paul.
Auch von Francesco Geminiani und Giuseppe Tartini wissen wir, dass sie auf einer Stainer Geige spielten.
Von J.S. Bachs Orchester ist überliefert, dass sie auf mehreren sehr guten tiroler Geigen und Celli musizierten. Es ist anzunehmen, dass auch da die eine oder andere Stainer darunter war.
Lesen Sie eine sehr ausführliche und dem neusten Stand der Stainer-Forschung entsprechende Biografie (PDF herunterladen) von Jacobus Stainer, verfasst vom Historiker Christoph Brandhuber. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Traugott Bautz (www.bautz.de/bbkl)